Die Romantik der Chemie – Teil 1

 
 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war von unrationalen Ablehungs-Tendenzen bezüglich Wissenschaft und Technik kaum etwas zu spüren. Vielmehr traute man den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft, den Entwicklungen der Technik im Überschwang ein positives Umgestalten des menschlichen Umfeldes zu. Dies hat die CLB bereits durch den Nachdruck des Sachbuchs „Das Buch der Chemie“ aus dem Jahre 1926 gezeigt. Es stammte von dem deutschen Ingenieur, Wissenschaftsjournalisten und Science-Fiction-Autor Hans Dominik (1872-1945), der vorwiegend für seine Zukunftsromane bekannt ist, etwa „Die Macht der Drei“ (1921), „Kautschuk“ (1930) oder „Atomgewicht 500“ (1935). Das Buch war von der Stimmungslage her jedoch kein Einzelfall. Diegleiche, schon im Titel als „Romantik“ verklärende Euphorie bezüglich der Chemie zeigt das Buch „Die Romantik der Chemie“ aus dem Jahre 1914. Es stammt von dem 1874 in Österreich geborenen Chemiker Oskar Nagel, der später in die USA auswanderte. Er hielt u. a. zusammen mit dem deutschen Chemiker Prof. Emil Bauer, der an der ETH Zürich wirkte, ein 1914 erteiltes Patent für einen Prozess zur Gewinnung von Gold, Silber und Platin aus Meerwasser – kein Wunder, dass er in dem hier wiedergegebenen Buch detailliert auf diese Möglichkeit eingeht. Zudem veröffentlichte er Fachbücher, aber auch populärwissenschaftliche und gesellschaftsbezogene Literatur, zum Beispiel 1909 das Buch „Die Welt als Arbeit. Grundzüge einer neuzeitlichen Welt-und Lebensanschauung“. Dr. Barbara Orland kritisierte dies 1997 in den „Mitteilungen, der Gesellschaft Deutscher Chemiker/Fachgruppe Geschichte der Chemie“ in dem Aufsatz „Chemie für den Alltag – Populäre deutsche Chemiebücher 1780 – 1930“ wie folgt: „Doch während damit der öffentlichen Aufklärung eine immer größer werdende Bedeutung beigemessen wurde, sank paradoxerweise die Qualität der in den Sachbüchern vermittelten Chemiekenntnisse. Ehemals umfangreiche Bücher machten Platz für bemerkenswert schmale Broschüren. Immer weniger Raum wurde der Vermittlung von Basiswissen zugestanden, immer mehr Umfang gewann hingegen die werbende Beschreibung von chemischen Konsumgütern und Industriezweigen. An Stelle von wissenschaftlichen Fakten wurde Imagepflege für die chemische Industrie betrieben. Was blieb, war kaum mehr als eine fortwährend wiederholte Hymne auf den industriellen Fortschritt“. Nun, CLB-LeserInnen mögen sich hier und in den kommenden Ausgaben ein Bild davon machen.








Eine verklärende Euphorie des Oskar Nagel im Jahre 1914


Autor: Dr. Oskar Nagel