BASF nimmt CDon-

und CPon-Anlage in Betrieb

 
 

Am 30. November nahm die BASF in Ludwigshafen nach zweijähriger Bauzeit einen neuen Anlagenkomplex zur Herstellung der chemischen Zwischenprodukte Cyclododeca­non (CDon) und Cyclopentanon (CPon) in Betrieb. Die Investitionen dafür lagen bei über 100 Millionen Euro. Erstmals wird darin Distickstoffmonoxid (Lachgas) großtechnisch zur Oxidation eingesetzt.

Die Anlage hat eine Gesamtkapazität von 30 000 Tonnen pro Jahr. 48 erfahrene Mitarbeiter arbeiten in der Anlage; ihr Abzug von anderen Arbeitsstellen führte zu entsprechenden Neueinstellungen.

Erfreulich an der Inbetriebnahme dieser Anlage in angespannter wirtschaftlicher Situation ist, dass dies „zeigt, dass wir bei der BASF langfristig kalkulieren und fundierte Entscheidungen treffen“, so Vorstandsmitglied Dr. Harald Schwager. Seinen Einschätzungen zufolge läuft die chemische Industrie weltweit noch 10 bis 15 Prozent unter der Produktionskapazität wie vor der Krise; immerhin...

Erfreulich ist aber auch die technologische Weiterentwicklung des Produktionsverfahrens. Es basiert auf der Trimerisierung von Butadien zu Cyclododecatrien (CDT). 1956 entwickelte Prof. Günther Wilke am Max-Plank-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim/Ruhr – später dessen Direktor – diese Methode unter Einsatz eines Nickel-Katalysators. Er ermöglichte damit die Herstellung von Nylon 12, das härter und wetterfester war als das damalige Nylon 6. Nylon 12 hatte 1974 einen spektakulären Erfolg: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft trug erstmals Schuhe mit Sohlen und Stollen aus diesem Material – und gewann sozusagen im doppelten Sinne technologisch führend die Weltmeisterschaft. Und das MPI für Kohlenforschung erzielte durch die Lizenzvergabe  des 18 Jahre nutzbaren Patents Einnahmen von mehreren Millionen Euro...

Drei statt fünf Prozessschritte

Im Umfeld der neuen Anlage erweiterte die BASF das Verfahren durch neue, ebenfalls patentierte Schritte. Erstmals wird bei der Produktion von CPon und CDon Lachgas als Oxidationsmittel eingesetzt. Der Oxidationsreaktor ist mit 240 Tonnen Gewicht der größte Apparat, der je die Ludwigshafener Werkstätten verlassen hat. Die Ludwigshafener Chemieingenieure schufen ein Verfahren, das nur mit drei Prozessschritten auskommt: 1. Umsetzung von Butadien zu CDT; 2. Oxidation von CDT zu Cyclododecadienon; 3. Hydrierung von Cyclododecadienon zu CDon. Konventionelle Anlagen benötigten dafür fünf Schritte: 1. wie oben; 2. Hydrierung von CDT zu Cyclododecan; 3. dessen Oxidation zum Tri-Cyclododecanol-borat; 4. Hydrolyse von Tri-Cyclododecanol-borat zu Cyclododecanol; schließlich 5. Dehydrierung vn Cyclododecanol zu CDon. Allein das macht den technologischen Fortschritt deutlich; zudem benötigt der hochselektive 3-Stufen-Prozess, kein Prozesswasser.

Lachgas als Rohstoff

Das i-Tüpfelchen jedoch ist: Das Unternehmen verwendet als einen zweiten wichtigsten Rohstoff – neben dem Butadien – Distickstoffmonoxid, Lachgas (N2O). Es fällt in erheblichen Mengen im Werk bei der Adipinsäureproduktion an, einem Zwischenprodukt für Nylon sowie Vorprodukt für die Synthese von Polyesterpolyolen für Polyurethansysteme und thermoplastische Polyurethane. N2O und wurde bislang katalytisch zersetzt. Es ist nämlich sowohl ein Treibhausgas – ungefähr 300 mal stärker als CO2 – als auch schädlich für die Ozonschicht der Atmosphäre. In letztgenannter Rolle hat es mittlerweile die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) als bedeutendste Quelle ozonschädlicher Emissionen des 21. Jahrhunderts abgelöst.

Jetzt schleust man etwa zehn bis zwölf Prozent des Lachgases aus der Adipinsäureproduktion heraus für die CDon- und auch die CPon-Synthese. Distickstoffmonoxid lässt sich durch ein neu konzipiertes Druckwechselabsorptionsverfahren aus den Abgasen der entsprechenden Anlagen extrahieren. Insgesamt ist das Verfahren damit sowohl nachhaltig und umweltschonend als auch – dem Anlagenverbund in Ludwigshafen sei dank – kostengünstig und weltweit konkurrenzfähig, wie Vorstandsmitglied Schwager betonte, dessen Doktorvater übrigens Günther Wilke hieß... Lachgas wird auch in der Schwesteranlage zur Produktion von CPon eingesetzt. Der andere wichtige Ausgangsstoff ist dabei Cyclopenten.

Nach Angaben der Leiterin des BASF-Unternehmensbereichs Intermediates, Dr. Beate Ehle, ist CDon der Haupteinsatzstoff zur Herstellung von Lauryllactam, einem Vorprodukt für den Hochleistungskunststoff Polyamid 12 (Nylon 12), aus dem beispielsweise formstabile Teile für den Fahrzeug- und Maschinenbau gefertigt werden. Daneben bewährt sich CDon in der Synthese von Moschus-Riechstoffen und UV-Stabilisatoren. CPon wird als Baustein bei der Synthese von Pflanzenschutzmitteln, Pharma-Wirkstoffen und Riechstoffen sowie als Lösemittel in der Wafer-Fertigung eingesetzt. Die größere Produktionskapazität hat die CDon-Anlage.

Problem CO2-Zertifikate

So innovativ und umweltschonend die neue Anlage ist: Randbemerkungen von BASF-Vorstand Harald Schwager dämpfen Hoffnungen auf zukünftige Investitionen dieser Art in Deutschland. Schon jetzt gebe es ein „schleichendes Wegmigrieren der chemischen und energieintensiven Industrie“ heraus aus Europa. Der Grund: Drohende Belastungen aus dem Emissionshandel. Dabei sperrt sich die BASF nicht grundsätzlich dagegen, sieht ihre Umweltschutzbemühungen aber dann bestraft, wenn als Referenzjahr 2005 und nicht – wie vom Konzern präferiert – 1990 eingeführt wird; eventuell wird das ja in der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen oder einer Nachfolgekonferenz beschlossen.

Nach Schwagers Angaben hat das Unternehmen von 1990 bis 2002 die Emissionen um ein Drittel reduziert, „spezifisch sogar um 65 Prozent, weil die Produktion gleichzeitig um 50 Prozent ausgeweitet wurde“, so Schwager.

Ein mögliches „Opfer“ nannte das Vorstandsmitglied auch: Man habe einen Plan zum Bau einer Kohlevergasungsanlage in der Schublade, Investitionswert über eine Milliarde Euro. Die könnte vorzugsweise im CO2-Zertifikationsfreien Asien entstehen, sollte die Politik nicht gerechtere Lösungen in diesem Bereich finden. Rolf Kickuth

Eine 100 Mio. Euro-Investition    
Autor: Rolf Kickuth